Tag 73
Ugh! Eine fremde Hand bewegt mein Bein. Ich erschrecke etwas und bin wach. Dann erinnere ich mich… Ina und Lukas (die deutschen Radfahrer) haben mir erzählt, dass man in Herbergen normalerweise geweckt wird. Das hatte ich total vergessen.
Die kicken einen richtig raus. Um 7 Uhr wird man geweckt und um 8 Uhr muss man draußen sein. Ich schaffe es in der Zeit meine Sachen zu packen und zu frühstücken. Dann geh ich halt…Tschüss!
Einen Vorteil hat das frühe Aufstehen:

Es hat drei Grad. Das heißt, es wird wieder Zeit für die kurze Hose und Beinlinge. Immer noch die perfekte Kombination. Das einzige was ich nicht habe, sind warme Füße. Dass es ein Bisschen wärmer ist, ziehe ich den Regenschutz für die Schuhe an.
Los geht‘s. Die nächste große Stadt ist León. Diese sei aber wegen eines Lockdowns nicht passierbar. Egal. Worum es geht ist, dass es zwischen Burgos und León ein großes Plateau gibt. Es ist also für über 200km einigermaßen flach. Für die Pilger ist das eine große Herausforderung, denn wenn man die Strecke läuft, wird es eher eintönig. Ich freue mich schon, keine Berge überqueren zu müssen.

Ein paar kleinere Anstiege gibt es zwar, aber nichts anstrengendes.
Mal wieder kann ich nur über die Landschaft staunen. Mitten im nirgendwo fahre ich durch kleine Orte, welche Pilger beherbergen.


Als der Wander-Jakobsweg über einen großen Berg führt, entscheide ich mich für die Straße. Generell sind die Straßen kaum befahren.

Morgen ist Sonntag, also kaufe ich viel ein. Alles passt locker in die Taschen, da ich viel mehr Platz habe.
Vor drei Tagen ist mir außerdem aufgefallen, dass ich irgendwo mein Handtuch habe liegen lassen. Ich vermute das war in der Quarantäne in Biscarrosse (Frankreich, 500km entfernt). Ja, das ist mir sehr früh aufgefallen. Ja, ich habe zwischendurch geduscht. Ab jetzt benutze ich ein T-Shirt als Handtuch. Klappt gut.
Beim Mittagessen treffe ich einen Pilger aus Texas und eine Pilgerin aus New York. Wow!

Weiter geht es durch die Felder-Wüste. Ich höre keinen Podcast oder Musik, denn ich will alles bewusst wahrnehmen. Die Fahrt hat etwas meditatives.

Nach 93 Kilometern finde ich ein schönes Plätzchen, nicht weit entfernt von der Straße. Hier beschließe ich die Nacht zu verbringen.
Es gibt viele Fliegen, aber ich habe meine Methoden um sie abzulenken: Ich stelle die leeren Milchreis-Schalen in die Wiese. Auf die andere Methode greife ich erst am nächsten Morgen zurück.

Als die Sonne verschwindet wird es schnell sehr kalt. Aber ich liege mit Skiunterwäsche im warmen Schlafsack…